Ganz viel Wurzen in Berlin

Veröffentlicht am: Oktober 15, 2024Kategorie: Hinter den Kulissen0 Kommentare on Ganz viel Wurzen in Berlin

Fotoausstellung „Endlich seid ihr da! Ein fotografischer Rückblick zurück in die 1990er Jahre in Sachsen“ von Dr. Cordia Schlegelmilch in der Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund in Berlin

„Daran wird Ostdeutschland noch lange kranken: An der Missgunst der Wessis, an dem unlauteren Wettbewerb. Und deshalb werden wir immer ein bisschen in der Enklave sein und da werden wir ein kleines bisschen wieder in die DDR hineingedrückt, das Denken wird die Leute verbinden. Dann kommt mal einer und sagt, so, jetzt geht es los hier, wir gründen eine ostdeutsche Partei. Und der gewinnt die nächste Wahl, ob die links, rechts oder sonst was ausgerichtet ist. Das wird kommen, der Separatismus. Schon alleine der Fremdenhass. Und der Wessi wird genauso gehasst wie der Türke.“ (Aus einem Interview von Cordia Schlegelmilch mit einem ehemaligen Mitglied des Rates der Stadt, 47 Jahre alt, am 27.03.1992)

Teilnehmer der Podiumsdiskussion

© Frank Hensel

Anlässlich des Jahrestages der deutschen Einheit am 3. Oktober, des 35. Jahrestages des Mauerfalls im November und der aktuellen politischen Situation nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg lud die Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund am 30.9. zu einer Lesung und Podiumsdiskussion unter dem Titel »Ungleich vereint – 35 Jahre nach der Friedlichen Revolution« ein. Aus diesem Anlass hat Katja Meier, Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und der Gleichstellung in Vertretung für den Bevollmächtigten, Herrn Staatsminister Conrad Clemens, über 200 Gäste im sächsischen Haus begrüßt. Es las Prof. Dr. Steffen Mau, Professor für Makrosoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und Autor mehrerer Sachbücher. In seinem neusten Buch „Ungleich vereint – Warum der Osten anders bleibt“, das im Juni dieses Jahres im Suhrkamp Verlag erschien, beschäftigt er sich mit dem Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschland, zieht Bilanz zur Deutschen Einheit und macht Vorschläge zur Wiederbelebung der Demokratie in Osten. Es schloss sich eine anregende Podiumsdiskussion mit Mau und dem früheren Bundesminister Dr. Thomas de Maizière an, in der auch strittige Standpunkte etwa zum Thema Bürgerräte deutlich wurden.

Dr- Cordia Schlegelmilch während ihrer Rede

© Frank Hensel

Der Lesung vorangestellt wurde die Eröffnung der Fotoausstellung „Endlich seid ihr da! – Ein fotografischer Blick zurück in die 1990er Jahre in Sachsen“, in welche die Berliner Soziologin und Fotografin Dr. Cordia Schlegelmilch selbst einführte. Sie reiste im Sommer 1990 durch die DDR. Am Beispiel der sächsischen Stadt Wurzen erforschte sie mit der Kamera und durch Interviews die Veränderung des Alltagslebens und die Lebensläufe der Menschen. Die Ausstellung, deren Leihgaben vom Kulturhistorischen Museum Wurzen stammen, ist vom 1. Oktober bis 29. November 2024 täglich von 10 bis 18 Uhr in der Landesvertretung zu sehen.

In seiner Rede zum Tag der deutschen Einheit mahnte Bundeskanzler Scholz an, dass die „Einheit noch nicht vollendet“ sei. Wir sind überzeugt davon, dass die Ausstellung einen Beitrag zur Debatte und zum langwierigen Prozess der deutschen Einheit leisten kann, insbesondere im Fokus der spezifischen Entwicklungen im ländlichen Raum. Ländliche Räume bieten zunehmend als Freiräume und kreative Orte Chancen, die alternative Zukünfte möglich machen. Auch die in der Nähe von Leipzig gelegene Stadt Wurzen kämpft um ihre Zukunftsperspektiven.

Die Ausstellung »Endlich seid ihr da! – Ein fotografischer Blick zurück in die 1990er Jahre in Sachsen« ist vom 1. Oktober bis 29. November 2024 täglich von 10 bis 18 Uhr in der Landesvertretung zu sehen.

Sächsische Vertretung, Brüderstraße 11/12, 10178 Berlin

Titelbild: © Cordia Schlegelmilch, Wurzen Berggasse, Oktober 1991